...von Ulf Häger
Seit dem Jahre 2001 werden ehemals norwegische NOHAB-Lokomotiven im Kosovo unter anderem zur Bespannung von Personenzügen eingesetzt. Nachdem diese Lokomotiven in den ersten Jahren in ihrer roten Originallackierung aus Norwegen unterwegs waren, wurden alle vier Maschinen in den letzten Jahren hauptuntersucht und in neuen Farbgebungen lackiert. Im März 2008 trieb es uns in den Kosovo, um diese alten GM-Diesel im Einsatz zu erleben. Anno 2008 werden bei den Kosovo Railways neben den NOHAB Lokomotiven auch GM-Diesellokomotiven der Jugoslawischen Baureihe 661 sowie eine dieselhydraulische G1700 von Vossloh für Lokbespannte Züge eingesetzt. Die folgende Tabelle bietet eine Übersicht über den Status der Diesellokomotiven im Kosovo:
Betriebsnummer | Ursprüngliche Betriebsnummer | Lackierung | Zustand |
001 | JZ 661 128 | Grün | Abgestellt |
002 | JZ 661 132 | Blau/Gelb | Betriebsfähig |
003 | JZ 661 228 | Blau/Gelb | Betriebsfähig |
004 | JZ 661 231 | Blau/Gelb | Betriebsfähig |
005 | NSB Di3.619 | Rot/Blau | Betriebsfähig |
006 | NSB Di3.633 | Blau | Defekt |
007 | NSB Di3.641 | Blau/Rot | Betriebsfähig |
008 | NSB Di3.643 | Rot/Blau | Betriebsfähig |
009 | G1700 | Rot/Blau | Unfallschaden |
In den vergangen Jahren ist das Verkehrsaufkommen bei den Kosovo Railways stetig gestiegen. Im Personenverkehr werden mittlerweile vom Knotenbahnhof Fushe Kosova ausgehend die Strecken in Richtung Norden zum Grenzbahnhof Leshak, in Richtung Süden zum Grenzbahnhof Hani i Elezit, in Richtung Westen nach Peja, sowie in Richtung Osten bis Pristina bedient. Dabei werden die in nord-südlicher Richtung verlaufenden Strecken ausschließlich von NOHAB-bespannten Personenzügen befahren, und auf der Strecke nach Peja kommen ehemals schwedische Triebwagen der Baureihe Y1 zum Einsatz. Aufgrund der Unruhen in den serbisch bewohnten Teilen des Kosovo wurde im März 2008 allerding der Personenverkehr zwischen Fushe Kosova und Leshak zwischenzeitlich eingestellt. Es wird allerdings eine Wiederaufnahme des Verkehrs angestrebt.
Im Güterverkehr findet der Wagenaustausch mit dem Ausland auschließlich auf der südlichen Strecke über Mazedonien statt. Deshalb verkehren zwischen Mazedonien und dem Güterbahnhof in Miradi mehrere tägliche Güterzugpaare. Da die Züge bedarfsweise fahren, weichen die Fahrzeiten von Tag zu Tag ab. Innerhalb des Kosovo findet auch reger Güterverkehr statt. Ca. einmal wöchentlich fährt ein Kohlezug vom Braunkohletagebau in Obiliq zur Brauerei in Peja. Mehrmals wöchentlich fahren Getreidezüge vom Güterbahnhof Miradi nach Rakovina an der Strecke nach Prizren. Ebenfalls mehrmals wöchentlich wird das Nickelwerk "Ferronikel" in Drenas mit Erzen versorgt. Diese werden entweder über den Hafen von Thessaloniki in Griechenland oder vom Tagebau in der Nähe des kosovarischen Flughafens bezogen. Üblicherweise werden die Güterzüge im Kosovo von den sogenannten "Kennedyloks" 002 bis 004 oder von der 009 bespannt. Aufgrund des hohen Transportaufkommens wird aber auch häufig eine NOHAB-Lokomotive eingesetzt.
Das erste Bild zeigt die Durchfahrt eines schweren Getreidezuges durch die Stadt Ferizaj. In nördlicher Richtung ist hier eine erhebliche Steigung zu überwinden und die Abgaswolke deutet die Geräuschkulisse an, die wir genießen durften. Neben dem bekannten GM-Motorengeräusch war auch häufiges Hupen zu hören, da in dieser Stadt reger Fußgängerverkehr auf den Schienen stattfindet.
Einige Zeit nach Passage des Güterzuges fuhr der mittägliche Personenzug nach Hani i Elezit ein. Im Bild ist der von der 007 bespannte Zug während des Fahrgastwechsels aufgenommen.
Landschaftlich besteht das Kosovo aus einer flachen Ebene in der Mitte des Landes, die in alle Himmelsrichtungen von hohen Bergen umgeben ist. Somit ließen sich im März noch Fotos mit schneebedeckten Bergen machen, wie hier mit der 005 bei Bablak.
Auf dem südlichen Streckenabschnitt zwischen Kacanik und Hani i Elezit führt die Strecke durch eine Schlucht und kreuzt dabei mehrfach den Fluss Lepenac und führt durch diverse Tunnel.
In Kacanik befindet sich ein Kalkwerk, das zu früheren Zeiten auch über einen Bahnanschluss bedient wurde.
Im Werksbereich des Nickelwerkes in Drenas wird häufig eine NOHAB-Lokomotive für den Rangierdienst eingesetzt. Hier ist 008 an der Wagenentladung zu sehen.
Am 25.03.2008 wurde ein Güterzugpaar zwischen Miradi und Hani i Elezit von der 008 bespannt. Dies führte zu einigen interessanten Motiven.
Während der Wartezeit auf die Rückleistung des Güterzuges wurde der Personenzug nach Hani i Elezit beim Kalkwerk in Kacanik abgewartet.
Ebenfalls bei Kacanik entstand diese Aufnahme des nordwärts fahrenden Güterzuges mit 008. Am Zugschluss befindet sich die nachschiebende 007, die aufgrund der starken Steigung bis zum Bahnhof Ferizaj benötigt wird.
Am folgenden Tag wurde wieder das Nickelwerk in Drenas bedient. Dieses 1980 erbaute Werk wurde nach dem Kosovo-Krieg stillgelegt und erst 2006 wieder in Betrieb genommen. Vor dem Krieg gab es dort zwei Werksloks russischer Bauart, die heute in einem erbärmlichen Zustand abgestellt sind.
Ein weiterer Tunnel befindet sich nördlich von Kacanik.
Die meisten grenzüberschreitenden Güterzüge fahren unbeladen in Richtung Mazedonien. Aus diesem Grund ist es möglich sehr lange Güterzüge mit nur einer Lok zu bespannen.
An der südlichen Bahnhofsausfahrt in Kacanik befindet sich ein kleiner Park mit Statue.
Die Rückleistung des Güterzuges wurde mit der 008 an der nödlichen Bahnhofsausfahrt von Hani i Elezit aufgenommen. Die Rauchwolke im Hintergrund lässt erahnen, dass wieder die 007 als Schublok angewendet wurde und es aufgrund der starken Steigung wieder zu einer hervorragenden Geräuschkulisse gekommen ist.
Der Bahnhof in Fushe Kosova wurde anfang der 80er Jahre vollständig neu gebaut. Das große Stellwerk, die Gleis- und Bahnsteiganlagen deuten auf die enorme Bedeutung hin, die dieser Bahnhof in der Vergangenheit gehabt hat. Hier hielten früher wichtige internationale Personenzüge. Das große Gebäude auf der linken Bildseite ist übrigens das Hotel Bali, in dem wir übernachtet hatten. Im Hintergrund sind die beiden Kraftwerke in Obiliq zu erkennen, die noch immer den für Ostländer typischen Braunkohlegeruch verbreiten.
Von Süden her kommend wird bei der Einfahrt nach Fushe Kosova das Bw passiert. Hier findet die Wartung der Lokmotiven und Wagen der Kosovo Railways statt. Der Stern am Wasserturm erinnert noch an die sozialistische Vergangenheit Jugoslawiens. Wer genau hinschaut, kann im Bildhintergrund die im Bw geparkte 008 erkennen.