...von Michael Frick.
Als Nohab-Fan ist es heute schon beschwerlich, die Objekte seiner Begierde zu finden. Die Maschinen haben in verschiedenen Ländern Europas Ihre neue Heimat gefunden. In den Ursprungsländern Ihrer Auslieferung sind sie heute nicht mehr viel vertreten. Man muss schon einige Entfernungen in kauf nehmen, um Sie in Ihrem neuen Einsatzgebiet aufzuspüren. Im März 2008 war es soweit, mit zwei Gleichgesinnten ging es ins Kosovo. Eine erforderliche Foto-Genehmigung lag vor (zur Abholung bereit), so dass es eigentlich klappen müsste.
Was aber würde uns erwarten im Kosovo? War dort nicht so was wie Unruhe, alle Freunde sagten pass bloß auf, dass dir nichts passiert! Wie ich es schon gewohnt war, nahm ich die 1700 km in einem Rutsch unter die Räder. Ab ging es am frühen Morgen über Dresden, Prag, Bratislava, Budapest, Szeged, Beograd, Nis nach Pristina. An der Grenze zum Kosovo war es schon wieder dunkel, so das die Panzer, die wohl als Sicherungsfahrzeuge dort stehen, ein wenig unheimlich aussahen. In unserem eigentlichen Ziel Fushe Kosovo war es wie zuhause, eine Polizeikelle brachte uns zum stehen. Es war wohl ein 30 km/h Schild am Rand der Straße gewesen. Am Bahnhof war leider die von uns erhoffte "Di 3" nicht mehr zu hören. Also ab ins Hotel, dort den Zimmerpreis aushandeln (der Originalpreis erschien uns zu hoch) und ab zum Schlafen, denn es war schon 22.30 Uhr derweil.
Unser Zuhause für 10 Tage von außen, es steht genau dem Bahnhof Fushe Kosovo gegenüber. Morgens wird man von einer Di 3 sanft geweckt, wenn Sie ihren Zug an den Bahnsteig rangieren muss. Ach ja, der Bahnhof, hier ein Bild im Abendrot.
Er hat gewaltige Ausmaße, daran erkennt man was hier einmal für ein Schienenverkehr stattfand. Heute ist nicht mehr viel von seinem alten Glanz übrig geblieben, man ist aber bemüht, ihn aus dem Dornröschenschlaf zu wecken. Als erstes ging es am Morgen ins Bw, um zu schauen, wer oder was wohin fährt. Vorm Schuppen steht 005 ex Di 3.619. Ihre Aufgabe ist es, die Personenzüge nach Hani Elezit mit 007 ex Di 3.641 zu befördern. Der Wechsel der Lokomotiven war meist in der Mittagszeit. Lok 008 ex Di 3.643 hatte Ihre Aufgaben auf der Strecke nach Peje zu erledigen. Dieses sind die Güterzüge nach Drenas, Peje oder nach Xerxe. Lok 006 stand im Lokschuppen abgestellt, genauso wie Lok 009, eine neue Vossloh 1700. Personenzüge nach Peje werden mit Schwedentriebwagen gefahren. Nach einigen Tagen erfuhren wir auch, dass es mal einen Unfall mit drei der Nohabs durch unsachgemäßes Handeln eines italienischen Lokführers gegeben hat. Dieser hatte bei einer Rangierfahrt die Loks ineinander geschoben. Lok 007 wurde in der Mitte sehr stark beschädigt. Beide Nasen waren eingedrückt.
Bei Lok 007 ex Di3.633wurden schon neue Bleche über die Beulen gesetzt.
Nach einem Gespräch mit dem Chef der Kosovo−Railways lernten wir noch die Chefs der einzelnen Abteilungen kennen. Einer war auch schon lange Jahre in Deutschland gewesen und sprach sehr gut deutsch, was alles weitere sehr erleichterte. Sein Name ist Mustafe Breznica, er ist für den Personenverkehr zuständig. Außerdem lebt er für seine Eisenbahn im Kosovo und ist ein guter Eisenbahnfreund. Ihm schlug ich kurz vor unserer Abreise vor, doch eine Lokomotive neu herzurichten. Wir tauschten alles wichtige aus, wie Telefonnummern, Email-Adressen, und ich versprach Hilfe für unser Vorhaben zu besorgen.
Ein Bild, was ich in den Märztagen dort machte, war ausschlaggebend dafür, dass es Lok 007 werden sollte. Ihre Farbe war dunkelblau an den Nasen und in der Mitte rot. Dann trug sie das Logo der DSB von heute (Lackierung ME), nur umgekehrt an der Seite auch in blau. Dann Ihre Schäden, einer Nohab nicht würdig. Mein Entschluss stand fest, Michael du wirst hier helfend eingreifen!
Wer mich kennt weiß, dass Arbeit für mich auch Vergnügen bedeutet. Und eine Nohab Lok Lackieren und Herrichten ist kein Problem, habe ich doch bis da schon bei der Firma Eichholz den 1147, 1155, 1125, 1131, 1148 und 1142 zu neuem Glanz verholfen. Was lag da näher, auch dort zufragen, ob vielleicht Hilfe für das Kosovo gestellt werden kann. Der neue Besitzer des EVU ist ja bekanntlich STRABAG, und sie half.
Der Monat Mai kam näher, und Mustafe hatte im Kosovo alles regeln können. Lok 007 wurde von der Arbeit freigestellt, oh Wunder, die abgestellte 006 sollte Ihre Aufgaben übernehmen. Am 16. Mai 2008 fuhr ich alleine mit allen Mitteln, die für eine Aufarbeitung in Sachen Aussehen benötigt werden, los. Diesmal aber erst am Nachmittag, so dass ich an der Grenze zu Serbien ein kleines Schläfchen einlegte. Gegen 09.30 Uhr am Samstag kam ich in Fushe Kosovo an. Mustafe hatte schon 007 zum Waschen abgestellt, und zwei Mitarbeiter waren dabei, sie mit scharfen Mitteln zu entfetten.
So nebenbei sagte er mir noch, dass es passieren kann, dass Lok 007 in den ersten zwei Tagen der Arbeiten noch als Einsatzreseve zur Verfügung stehen muss. Diese Meinung lag wohl vor, denn keiner hatte eine Vorstellung, wie die Arbeit so abläuft. Ich wollte am Sonntag um 06.00 Uhr beginnen, dieser Punkt statt fest. Der Triebwagenschuppen sollte für die Arbeiten herhalten. Schon am Abend des Samstags kam der erste Noteinsatz für 007: ein Güterzug nach Hani Elezit. Vier Minuten vor der Abfahrt kam dann eine 661, um den Zug zu bespannen. So fuhr 007 wieder in den Schuppen und ich konnte am Sonntag beginnen.
Um 6:00 Uhr begab ich mich in den Triebwagenschuppen, und da stand sie. Zwei Tage Schleifen und Spachteln lagen vor mir. Ich kam gut voran.
Am Abend des zweiten Tages waren schon die Lüfter an der Seite in schiefergrau lackiert.
Nach dem letzte Bleche von den Schlosser angebracht waren, ging es ans Abkleben der Fenster und anderer Anbauteile, die natürlich nicht mit Farbe verunreinigt werden sollten. Die Metallgrundierung macht aus der Lok erst einmal ein rosa Schweinchen.
Bei Tagestemperaturen von 32°C konnte ich am gleichen Tag schon den ersten Auftrag der neuen Farbe vornehmen.
Am folgenden Tag ging es zügig mit roter Farbe weiter. Ab Mittag konnte dann schon der Rahmen und die Drehgestelle in schiefergrau lackiert werden. Die Manager der Kosovo Railway schauten am Morgen und am Abend immer wieder mal vorbei, Fotografierten und Staunten über die Arbeitsgeschwindigkeit. Von Tag zu Tag gefiel Ihnen Ihre 007 besser. Jetzt kam die Arbeit, wo Zeit und Genauigkeit wichtig sind. Zierlinien und Kleinteile Anbringen und Lackieren.
Nachdem alle Schriften dran waren, ging es ans Dach. Um dieses besser zu erreichen, ging es in die große Lokhalle, wo der Zugang dort hin durch Arbeitsgerüste sehr einfach ist. Der Lokführer fuhr sozusagen blind durch das BW-Gelände, weil ja noch alles abgeklebt war.
Nachdem auch das erledigt war, gab es für Lok 007 noch mal einen Überzug mit Klarlack. Sozusagen ein Zuckerguss fürs Aussehen. Das war es wohl auch, denn die Chefs waren erstaunt über das Ergebnis. Es ist wie eine neue Lok sagte Mustafe. Nun stand sie erst einmal einen Tag in der Sonne für kleine Restarbeiten an den Türen und zur Reinigung der Führerstände. Jeder, der vorbeikam, sah die Lok voller Erfurcht an, viele fragten sich sogar, ob sie neu ist.
Michael Frick
Die fertiggestellte Lok 007 vor der Halle
Am Montag sollte dann der erste Zug nach Hani Elezit fahren. Die Mannschaft des Zuges und das Personal stellten sich im Bahnhof stolz vor die Lok. In Fushe Kosovo stand der Chef der Kosovo Railway am Mittag bereit, um die neue Lok zu übernehmen. Mir wurde in den nächsten Tagen erlaubt, die Lok in allen Zuggattungen einzusetzen. So gab es auch nach langer Zeit wieder einen lokbespannten Zug nach Peje. Natürlich lief sie auch mit dem Klassiker im Güterverkehr nach Drenas.
In herrlicher Sonne fuhr die neue 007 am Sonntag ihren ersten Personenzug nach Süden.
Die Mannschaft posiert vor der Lok: Zugführer, Bahnhofsvorsteher, Bahnhofschef, zwei Zugschaffner und der Lokführer (von links).
Mittags in Fushe Kosovo stehen der Chef Xhevat Ramosaj und Michael Frick an der Lok.
Ein Personenzug mit Lok 007 auf dem Rückweg aus Peja.
Lok 007 mit 1200 Tonnen Erz am Haken in schöner Landschaft, auf dem Weg zum Nickelwerk in Drenas.
Michael Frick, Juli 2008