Informationen zur MÁV-Baureihe M61

NOHAB baute im Jahr 1954 eine Vorführlok mit der Seriennummer 2246, die Demonstrationsfahrten quer durch Europa durchführen sollte. Dabei kam sie 1955 bis in die türkische Hauptstadt Ankara. Vermutlich kam sie dabei auch durch Ungarn. Die Lok wurde von der Norwegischen Staatsbahn NSB zunächst angemietet und 1957 als Di3.602 übernommen.

Als Antwort auf eine Ausschreibung für Streckendieselloks schickte NOHAB 1960 wieder eine Rundnase nach Ungarn, die neben Probefahrten auf MÁV-Strecken auch auf der Budapester Messe ausgestellt wurde. Es handelte sich um die Lok mit der Seriennummer 2418, die 1959 gebaut und im August 1960 von der NSB als Di3.623 übernommen wurde. Die MÁV testeten im Vergleich zur GM-Lok die dieselhydraulische V300 001 von Krauss-Maffei. Die Entscheidung der MÁV fiel zugunsten der GM-Technik, deren ausgereifte einmotorige Ausführung einen geringeren Wartungsaufwand versprach. Eine richtige Einschätzung, wie wir heute wissen, denn während alle heute noch aktiven NOHAB-Rundnasen (bis auf MY 1111) mit ihrer Originalmotorisierung unterwegs sind, wurden die meisten V200-Loks bereits neumotorisiert. Was allerdings auch der Ersatzteilversorgung geschuldet sein dürfte, die bei der GM-Technik aus den 50er-Jahren noch heute sichergestellt ist.

Mit der Bestellung von 20 NOHAB-Loks der späteren Baureihe M61 hat erstmals eine Staatsbahn aus dem Ostblock mitten im Kalten Krieg Rollmaterial beim Klassenfeind eingekauft. Das ist deswegen bemerkenswert, weil im Verbund der RGW-Staaten klar geregelt war, welches Land welche Lokomotiven bauen durfte. Für Großdiesel war die UDSSR zuständig, die die Type M62 in großen Stückzahlen für den gesamten Ostblock fertigte. Während z. B. die DDR brav die M62 (V200 DR) einführte, gingen die Ungarn wieder einmal eigene Wege. Vergleichbares gab es nur bei den Jugoslawischen Eisenbahnen, die schon Ende der 50er-Jahre direkt bei GM Lokomotiven bestellt hatten. Mit der Bestellung der M61 war auch klar, dass über Jahrzehnte hinweg Ersatzteile für die NOHAB-Lokomotiven mit harten Devisen zu bezahlen sein würden.

Die 20 Lokomotiven wurden in zwei Baulosen in den Jahren 1963-64 an die MÁV ausgeliefert. Dabei befuhren sie die Strecke Trollhättan - Trelleborg/Saßnitz - Dresden - Decin - Budapest mit eigener Kraft durch die DDR und die Tchechoslowakei. Während der Überführung trugen mehrere Loks unterhalb des Lüfterbandes ein Werbebanner mit der Aufschrift: NOCH EINE NOHAB-GM LOKOMOTIVE NACH UNGARN
Diese Information war ganz offensichtlich dazu gedacht, in der DDR für Aufmerksamkeit zu sorgen. Schließlich hatte 1960 auch in der DDR eine Messfahrt mit der Vorführlok 2418 zwischen Karl-Marx-Stadt und Dresden stattgefunden, die aber nicht zu einem Auftrag führte.

Die ersten beiden M61 waren bereits im Mai 1963 in Budapest (auf der Budapest International Fair). Aufgrund von Verzögerungen bei der Ablieferung der elektrischen V43 bat die MÁV NOHAB um eine Vorablieferung dieser Loks. M61-001 und M61-002 wurden anstelle der Elektroloks monatelang zwischen Budapest und Miskolc eingesetzt.

M61 005
M61 005 András Novák M61.005 im Ursprungszustand vor Personenzug in Keszthely, 1970

Die MÁV hat sich bei der Bestellung für die Variante mit sechs Fahrmotoren (Co'Co') und 105 km/h Höchstgeschwindigkeit entschieden. Die Loks erhielten den gleichen Motor wie die letzte Bauserie der DSB-MY, den Typ GM 16-567 D1 mit 1.950 PS Zughakenleistung. Stationiert wurden die neu angekommenen M61 in Budapest Nyugati und ein Teil der Baureihe zeitweilig in Debrecen. Ab 1979 wurden alle NOHABs in mehreren Abschnitten nach Taploca am Balaton umstationiert, wo sie bis zum Ende ihrer Einsatzzeit im Jahr 2000 verblieben. Sie besaßen einen kirschroten Anstrich mit weißer Zierlinie auf den Seiten. Auf der Front prangte der rote Sowjetstern und die Nummer war auf einem Schild angebracht. In den 70er-Jahren wurden die Loks in ein vollflächiges Orange ohne Zierstreifen umlackiert. Lediglich die Griffstangen und die Frontschürzen auf Höhe der Puffer waren gelb. Die Nummer wurde auf schwarzem Hintergrund auflackiert und der Sowjetstern wurde der Nummer vorangestellt.

M61 003
M61 003 Hans-Peter Waack M61 003 in Orange mit Stern in Balatonkenese, Juli 1983

Ab 1979 wurden die NOHABs nach und nach nach Tapolca am Balaton-See umstationiert, wo sie bis zum Ende ihrer Einsatzzeit im Jahr 2000 verblieben. Die Einsätze entlang der Balaton-Nordstrecke Richtung Székesfehérvár wurden legendär, viele Fans aus dem Westen machten dort Bekanntschaft mit den M61, oft im Rahmen eines Urlaubs am Balaton. Die ersten Loks wurden bereits in den Jahren 1987 und 1988 ausgemustert. Ursache waren sicher die vergleichsweise hohen Ersatzteilkosten der GM-Splittergattung. Nach der Wende wurden die Sowjetsterne rasch von den Loks entfernt.

M61 002, 020
M61 002, 020 Klaus Korbacher M61 020 und M61 002 in Orange ohne Stern vor dem Schuppen in Tapolca, Mai 1997

Als dann nach der Wende auch die Preise der M62-Ersatzteile anstiegen, ließen die Ausmusterungen bei den M61 zunächst nach. Ende der 90er-Jahre machte die MÁV aber ernst und musterte weitere Maschinen aus. 1999 waren nur noch die M61 006, 010, 019 und 020 im Zugdienst aktiv. Die M61 004 war 1993 als Museumslokomotive in der Ursprungslackierung hergerichtet worden, allerdings mit dem NOHAB-Logo anstelle des Sowjetsterns. Leider fuhr diese Schönheit am 04.06.1999 auf der Nordstrecke in einen umgestürzten Baum, entgleiste dabei und kippte um. Sie wurde daraufhin abgestellt, eine Front der Lok blieb als Denkmal im Technikmuseum in Budapest erhalten. 1997 hatte M61 010 ebenfalls die - etwas zu dunkel geratene - Ursprungsfarbgebung erhalten. Nach dem Unfall der 004 wurden dann auch die 001, die an die MÁV-Nostalgie abgegeben wurde, und die 020 in den Ursprungszustand zurückversetzt. M61 017 gelangte 1999 nach Budapest zur Fa. Rakos, die sie mustergültig aufarbeitete und sie seit 2003 mit dem Oberbaumesswagen und vor Sonderzügen einsetzt. Im Dezember 2000 endete der planmäßige Einsatz der M61 bei der MÁV und die in Tapolca verbliebenen Loks 006, 010, 019 und 020 wurden nach Budapest überführt.

M61 017
M61 017 Frank-Marc Siebert M61 017 im dänischen Fruens Bøge, August 2004

Im Jahr 2011 stellt sich der Status der erhaltenen M61 wie folgt dar:

M61 001 Ursprungszustand mit Stern Gehört MÁV-Nostalgia. Wird vor Sonderzügen eingesetzt.
Standort: Eisenbahnmuseum Budapest
M61 002 Orange Gehört der NOHAB-Foundation.
Ersatzteilspender
M61 006 Orange Gehört MÁV-Nostalgia. Wird gelegentlich vor Bauzügen eingesetzt.
Standort: Eisenbahnmuseum Budapest
M61 010 Ursprungszustand mit NOHAB-Logo Gehört der NOHAB-Foundation.
Betriebsbereit
M61 017 Ursprungszustand mit Wappen Gehört Fa. Rakos.
Wird mit Messwagen eingesetzt.
M61 019 Orange Gehört MÁV-Nostalgia. Wird gelegentlich vor Bauzügen eingesetzt.
Standort: Eisenbahnmuseum Budapest
M61 020 Ursprungszustand mit NOHAB-Logo Gehört MÁV-Nostalgia. Wird gelegentlich vor Sonderzügen eingesetzt.
Standort: Eisenbahnmuseum Budapest
M61 004
M61 004 Frank-Marc Siebert M61 004-Nase am Technikmuseum Budapest, 09.05.2005